Gemeinderat Filderstadt | Filderstadt verspielt Chancen

Der Frauenbeirat Filderstadt hat sein 25-jähriges Jubiläum 2016 gefeiert, besteht also seit 31 Jahren und hat bisher nichts Wesentliches in seinen Statuten verändert. Rechtliche und gesellschaftliche Entwicklungen sind spurlos vorübergezogen. Geschlechtsspezifische Diskriminierung scheint unbeirrt ausschließlich gegenüber Frauen zu bestehen.

Jutta Clement-Schmid, Gemeinderätin in der FDP-Fraktion, darf sich im Frauenbeirat engagieren, da sie eine Frau ist. Hätte sie eine andere sexuelle Identität, dann nicht. Artikel 3 des Grundgesetzes besagt aber gerade, dass niemand aufgrund seines Geschlechtes benachteiligt oder bevorzugt werden darf und das müsste ja dann auch Grundlage eines solchen Gremiums sein. Die von uns als FDP-Fraktion beantragte Weiterentwicklung des Frauenbeirats in einen neu betitelten Gleichstellungsbeirat wollte die Probleme der Frauen keinesfalls beschwichtigen oder gar das aus diesem Grund errichtete Gremium abschaffen. Ziel sollte weiterhin sein, geschlechtsspezifische Bedürfnisse zu stärken und Möglichkeiten zu suchen, alt verfestigte Rollenbilder, die sich in unserer Gesellschaft immer noch finden, zu durchbrechen.

Als Freie Demokraten kämpfen wir für Gleichberechtigung und Gleichstellung. Deshalb sollten wir allen Menschen, egal welchen Geschlechts, die Möglichkeit geben, auf geschlechtsbezogene Benachteiligung aufmerksam zu machen und für deren Beseitigung zu kämpfen und somit auch, mit uns, für uns Frauen zu kämpfen. Emanzipierte Frauen sollten offener sein als vor 31 Jahren. Jeder, der mit uns kämpfen möchte, sollte das können. Wir sollten nicht kategorisch Männer oder Trans-Gender aus unseren Reihen ausgrenzen, nur weil wir denken, sie verstünden uns nicht oder kämpften gegen uns. Bei Diskussionen im Beirat müssten alle Menschen das Recht haben ihre Ideen mit einbringen zu dürfen. Es müssten alle Geschlechter vertreten sein. Bei einer ernsthaften Diskussion, das andere Geschlecht als vermeintliche Konkurrenz nicht einzubeziehen, entspricht keineswegs der Toleranz und Gleichberechtigung, für die der bisherige Frauenbeirat stehen sollte. Es besteht mit dem bisherigen Konzept die Gefahr einer “Bubble”, einer Blase, die sich nur um sich selbst dreht, ohne neue Blickwinkel wahrzunehmen. Wer den Blickwinkel der Gesellschaft ändern will, muss auch bereit sein, verschiedene Blickwinkel wahrzunehmen. Wer gehört werden will, muss anderen zuhören.  Je breiter das Meinungsbild in den Diskussionen, desto kompetenter und selbstbewusster können Interessen vertreten werden. Das “andere Geschlecht” ist nicht unbedingt Konkurrent, sondern kann Frauen auch unterstützen und sogar helfen.

 

Aktuelle sportliche Meisterschaften greifen diese Themen weltweit auf, Filderstadt hat nicht den Mut dazu. Die aus anderen Fraktionen eingebrachte Idee neben dem Frauenbeirat einen Männerbeirat und einen Queer-Beirat zu gründen ist praxisfern angesichts der Tatsache, dass Filderstadt die Challenge der meisten Beiräte, Arbeitskreise, Steuerungsgruppen, etc. in Baden-Württemberg wahrscheinlich schon gewonnen hat.

 

Ein Gleichstellungsbeirat, wie er von der FDP beantragt wurde, sollte daher ein Gremium sein, das weiterhin auch frauenpolitische Themen behandelt, aber dennoch den Blickwinkel für darüber hinaus gehende geschlechtsbezogene Themen weitet und für jeden offen steht. Ein Gremium, bei dem weder das Geschlecht, noch die parteipolitischen Ideologien, noch der gesellschaftliche Status irgendeine Rolle spielen. Ein Gremium, das immer mehr interessierte Mitglieder hinter sich vereint und in dem Diskussionen stattfinden, um gemeinsam geschlechtsübergreifend etwas zu bewirken.

Schade, dass keine andere Fraktion – kein anderes Gemeinderatsmitglied – den Mut hatte, neue Wege zu gehen und unserem Antrag zur Weiterentwicklung des Frauenbeirats zuzustimmen.

 

Text: Jutta Clement-Schmid